Geistlicher Impuls

Geistlicher Impuls

 

Liebe Gemeinde,

 

die Tage sind kürzer geworden. Am Morgen liegt Nebel über den Feldern und am Abend senkt sich früh die Dunkelheit über die Straßen. Das Kalenderjahr neigt sich dem Ende zu und auch das Kirchenjahr geht mit dem Christkönigssonntag seinem Abschluss entgegen. Hinter uns liegen die stillen Tage rund um Allerheiligen und Allerseelen.

Wir haben der Menschen gedacht, die uns wichtig waren und es noch immer sind, auch, wenn sie nun nicht mehr körperlich bei uns sind. Erinnerungen tauchen auf - manchmal hell und warm, manchmal schmerzlich und leise. All das darf seinen Platz in unserem Leben haben. Der Blick zurück ist wichtig, denn es kann heilsam sein, das Erlebte und Erfahrene in unserem Leben zu verorten.

 

Ebenso wichtig ist der vorausschauende Blick in die Zukunft und dabei zugleich das Jetzt nicht aus dem Blick zu verlieren. Ich denke oft an die kleine Maus Frederik aus dem bekannten Kinderbuch von Leo Lionni: Während die anderen Mäuse sich verstärkt auf die Zukunft konzentrieren, indem sie Lebensmittelvorräte für den kommenden Winter sammeln, sammelt Frederik Sonnenstrahlen, Farben und Wörter der Gegenwart. Sie werden in der Zukunft zu emotional wichtigen Erinnerungen, die wärmen, wenn es draußen kalt und dunkel wird.

Somit ist für den Winter in zweierlei Hinsicht vorgesorgt: materiell und emotional. Denn „der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein“ (Lk 4,4), sondern auch von den Dingen, die ihm von innen her emotionale Kraft geben. Vielleicht ist das auch für uns eine Einladung, in dieser dunkler werdenden Zeit die schönen Momente, die Begegnungen und Erfahrungen des vergangenen Jahres zu bewahren - als Lichtvorrat für unsere Herzen.

Und das Thema des Lichts bleibt uns erhalten, wenn der Advent an unsere Türen klopft und mit ihm das neue Kirchenjahr beginnt. Mit jedem Licht auf dem Adventskranz wird es ein wenig heller. Wir warten auf die Ankunft dessen, der das Licht in die Welt bringt - Jesus Christus. „Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein helles Licht“, heißt es im Buch Jesaja. Dieses Licht schenkt Hoffnung und Zuversicht, gerade in den Momenten, in denen uns die Dunkelheit schwerfällt. Vielleicht spüren wir dabei auch, wie schnell das Jahr wieder vergangen ist. Kaum ist der Sommer vorbei, liegen die ersten Lebkuchen in den Regalen und plötzlich steht Weihnachten vor der Tür.

Doch darin liegt zugleich die Botschaft des Advents, einmal bewusst langsamer zu werden, still zu halten, dem Vergangenen seinen Platz zu geben und in der Gegenwart zu spüren, was uns in die Zukunft trägt. So wünsche ich uns allen in diesen Wochen des Übergangs - vom Dunkel zum Licht, vom Ende zum Anfang - offene Augen und Herzen für die vielen Zeichen von Hoffnung. Denn auch wenn die Tage kürzer geworden sind, wächst das Licht Gottes in unserer Mitte.

 

Ihr Gemeindeassistent Michael Schuh