Rückblick Frauen unterwegs im Juni

Im Juni besuchten Frauen die Völklinger Hütte, eine beeindruckende Industrieanlage aus Eisen und Stahl, die 1873 gegründet und 1983 stillgelegt wurde. Diese „Hütt“ prägte Generationen im Saarland und wurde aufgrund des Stolzes und der Verbundenheit der Menschen zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.
Eisen und Stahl haben die Geschichte der Menschheit wie kein anderes Metall verändert. Heute sind High-Tech-Produkte aus Edelstahl allgegenwärtig. Ohne Eisen und Stahl gäbe es keine Werkzeuge, Eisenbahnen, Autos, Flugzeuge, Brücken, Kunstwerke oder Waffen.
Unsere Guide Sandra führte uns mit Herz und Fachwissen durch die Anlage, vorbei an kilometerlangen Rohren, durch den Wasserhochbehälter, die Gebläsehalle und die Sinterhalle. Sie schilderte anschaulich den Lärm, Dreck und die Gerüche, denen die 17.000 ArbeiterInnen ausgesetzt waren.
Frauen arbeiteten in der „Hütt“ als Kranfahrerinnen und „Erzengel“, schleppten 30-40 kg schwere Körbe mit Eisenerz und wurden in Kriegszeiten verstärkt eingesetzt. Sie trugen die Verantwortung für Familie, Kindererziehung, Essen und Wäsche.
Die Entlohnung der HüttenarbeiterInnen war überdurchschnittlich gut und garantierte eine lebenslange Versorgung. Die Familie Röchling sorgte für Krankenstationen, Kinderbetreuung, Milchküchen, Nähschulen und Sommerausflüge. Ihre Rolle in den Weltkriegen ist ein eigenes Kapitel der Hüttengeschichte.
Während des Krieges arbeiteten 12.000 ausländische Zwangsarbeiter im Stahlwerk, untergebracht in primitiven Lagern. Ihnen ist ein beklemmender Gedenkort von Christian Boltanski gewidmet.
Wieder an der frischen Luft betraten wir das „Paradies“, eine postindustrielle Vegetation, die sich nach der Stilllegung des Werks ausbreitete und vielen Tieren Lebensraum bietet. Vorbei an sechs Hochöfen führte uns Sandra zum Biergarten, wo Kaffee, Kuchen und kühle Getränke auf uns warteten.
In der Nachbetrachtung bleibt der Eindruck harter Arbeit und das Gefühl der Verbundenheit der Menschen mit ihrer Heimat.
Eine Anmerkung zum Schluss: Die aktuelle Ausstellung „The True Size of Africa“ in der Gebläsehalle vermittelt einen Eindruck der Kolonialisierung Afrikas und regt zum Nachdenken an. Und wenn Fenster nicht geputzt werden, steht der Dreck irgendwann unter Denkmalschutz. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
alle Fotos: privat